Ein missglückter Launch, enttäuschte Spieler, Rückerstattungen und nun auch noch Massenentlassungen? Der ambitionierte Debüttitel MindsEye des neuen Studios von Ex-GTA-Mastermind Leslie Benzies entwickelt sich zum vielleicht tragischsten Kapitel 2025.
Was für ein Start ins neue Gaming-Jahr sollte das werden: Build a Rocket Boy, das neue Studio des ehemaligen Rockstar-Veteranen Leslie Benzies, veröffentlichte am 10. Juni 2025 seinen lang angekündigten Actiontitel MindsEye – ein Spiel, das laut Eigenwerbung gleich mehrere Gaming-Welten verbinden, kreative Werkzeuge für Spieler bereitstellen und langfristig zur Open-World-Referenz avancieren sollte.
Leslie Benzies
Doch statt Euphorie setzte schon wenige Stunden nach Release Fassungslosigkeit ein: Die Spieler wurden mit katastrophaler Performance, Abstürzen, Game-Breaking Bugs und massiven Latenzproblemen konfrontiert. Und das auf allen Plattformen.
Sony reagierte ungewöhnlich schnell und ermöglichte sogar Rückerstattungen, ein Schritt, der sonst meist nur in besonders drastischen Fällen geschieht. Das Studio selbst zeigte sich „untröstlich“ – doch auch mit mehreren Patches konnte bislang keine nennenswerte Verbesserung erzielt werden.
Nun folgt offenbar der nächste Dämpfer – und diesmal trifft es nicht nur die Spieler, sondern vor allem das Team hinter dem Spiel. Laut einem Bericht von IGN leitet Build a Rocket Boy aktuell einen Entlassungsprozess ein, der laut studionahen Quellen über 100 Mitarbeiter betreffen könnte.
Ein genauer Umfang der Kündigungen wurde bisher nicht bestätigt. Allerdings ist bekannt, dass nach britischem Arbeitsrecht eine Konsultationsphase von mindestens 45 Tagen erforderlich ist, wenn 100 oder mehr Mitarbeiter von Entlassungen betroffen sind. Genau eine solche Phase hat das Studio nun eingeleitet – ein starkes Indiz für den Umfang.
Zum Vergleich: Das Studio beschäftigt rund 300 Mitarbeitende in Großbritannien, weltweit kommt man auf etwa 500 Angestellte. Sollte sich der Bericht bewahrheiten, müsste Build a Rocket Boy rund ein Fünftel seiner Belegschaft freistellen – ein herber Schlag für das junge Studio.
Die Tragik des Ganzen liegt vor allem im Kontrast zur Vision: Noch im Mai erklärte Game Director Leslie Benzies, „MindsEye“ sei auf mindestens zehn Jahre Support ausgelegt. Geplant waren regelmäßige Content-Updates, neue Gameplay-Module, Koop- und Multiplayer-Funktionen sowie eine schrittweise Entwicklung zu einem vollständigen, sich lebendig entwickelnden Open-World-Universum.
Ein ambitioniertes Vorhaben, das nun wohl auf Eis liegt – oder zumindest stark verlangsamt wird. Immerhin sollen nicht nur neue Inhalte von Build a Rocket Boy selbst kommen, sondern auch die Community eigene Missionen und Szenarien beisteuern können – dank der mitgelieferten Game Creation Tools.
Doch bei einem Spiel, das derzeit mit einem Metascore von 38 Punkten und einer Nutzerwertung von 2,6 (Stand: Juni 2025) als bisher schlechtest bewertetes Spiel des Jahres gilt, wirkt diese Vision momentan wie ein ferner, unrealistischer Traum.
Besonders bitter: Einige Kritiker und Branchenkenner hatten bereits im Vorfeld Zweifel geäußert. Die Entwickler versprachen viel – vielleicht zu viel. MindsEye sollte nicht nur ein narratives Actionspiel sein, sondern auch Sandbox, Social-Plattform und Modding-Tool. Ein „All-in-One-Supergame“, das sich an Größen wie GTA, Roblox und Cyberpunk gleichermaßen orientierte.
MindsEye sollte DAS große Projekt von Build a Rocket Boy werden
Doch je näher der Release rückte, desto spärlicher wurden echte Gameplay-Eindrücke, während Trailer und Teaser vor allem mit Buzzwords und Hochglanz-Ästhetik warben. Intern schien der Zeitplan schon länger zu wackeln, laut mehreren anonymen Quellen sei der Crunch in den letzten Monaten „massiv“ gewesen. Offenbar zu massiv – mit einem Produkt, das viele als unfertig, unfokussiert und nahezu unspielbar bezeichnen.
Dass ein Spiel mit einem derart katastrophalen Start schnell wirtschaftliche Konsequenzen nach sich zieht, überrascht wenig. Publisher und Investoren wollen Ergebnisse – und bei MindsEye bleiben die aus. Noch gravierender wirkt jedoch, dass ein Studio mit Starpower und großen Ambitionen nun unter Druck steht, überhaupt zu überleben.
Ob Build a Rocket Boy sich erholen kann, hängt von vielen Faktoren ab: Wie schnell lassen sich technische Probleme beheben? Bleibt die Community an Bord? Wird das Vertrauen zurückgewonnen? Und vor allem: Wer bleibt nach den Entlassungen überhaupt noch übrig, um das Spiel zu retten?
MindsEye wollte ein Gamechanger sein – geworden ist es bislang nur eine Warnung. Ein Beispiel dafür, wie eine große Vision, gepaart mit zu hohen Erwartungen, technischen Problemen und misslungenem Projektmanagement, in kürzester Zeit in eine ausgewachsene Krise münden kann.
Für die Mitarbeitenden, die nun möglicherweise ihre Jobs verlieren, ist das mehr als nur ein gescheitertes Projekt. Es ist ein schwerer Rückschlag in einer Branche, die ohnehin immer wieder von Instabilität geprägt ist.
Ob MindsEye jemals zu dem Spiel wird, das es sein wollte, bleibt unklar. Klar ist aber: Das Raketenstart-Versprechen ist krachend am Boden zerschellt.
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