Hell Is Us will den Spieler*innen keine Hilfestellung geben und zum erkunden einladen. Ob das gelingt, verraten wir euch in unserem Test.
Hell Is Us will den Spieler*innen keine Hilfestellung geben und zum erkunden einladen. Ob das gelingt, verraten wir euch in unserem Test.
Man muss es Rogue Factor lassen: Hell Is Us trägt seine Ambitionen wie ein Ehrenabzeichen. Keine Karten, keine Questmarker, keine blinkenden Symbole, die euch den Weg zeigen - nur ihr, euer Instinkt und eine vom Krieg zerrüttete Welt, in der obendrein noch übernatürliche Kreaturen ihr Unwesen treiben. Klingt kompromisslos? Ist es auch.
Doch so kühn die Vision ist, so holprig ist ihre Umsetzung. Zwischen atmosphärischen Höhenflügen und frustrierenden Tiefpunkten pendelt das Abenteuer ständig hin und her und das Ergebnis ist ein Spiel, das euch entweder packt oder gnadenlos abschüttelt.
Schon zu Beginn wirft euch das Spiel in eine trostlose Bürgerkriegslandschaft, in der sich groteske Chimären tummeln. Ihr übernehmt die Rolle von Remy, bewaffnet mit einem mystischen Schwert und einer Drohne. Von Anfang an gilt: Hier hält euch niemand an der Hand.
Keine Minimap.
Keine Questmarker.
Keine Navi-Stimme im Ohr.
Alles, was ihr habt, sind vage Hinweise von NPCs, subtile Umgebungsdetails und eure Beobachtungsgabe. Dieses Prinzip sorgt für ehrliche Entdeckermomente: Wer eine Ruine findet, ein altes Schloss mit einem längst vergessenen Schlüssel öffnet oder verstreute Notizen zusammensetzt, wird mit echtem Forscherstolz belohnt.
Doch die Kehrseite ist klar: Schnell verliert man sich in der Welt und fragt sich, ob man etwas Wichtiges übersehen hat oder ob man einfach nur planlos umherwandert. Da es zudem kein Klettern, Springen oder Plattform-Elemente gibt, bleibt die Erkundung stark geerdet.
Die Kämpfe wollen Soulslike-Flair verströmen: wuchtige Nahkampfwaffen, Ausweichen, Blocken, Parieren. Das „Pulse“-System, mit dem ihr nach Angriffsketten Lebensenergie zurückgewinnt, ist eine gute Idee und zwingt euch in die Offensive.
Die Bewegungen sind manchmal ein wenig schwerfällig und die Gefechte geraten schnell zum Ausdauer-Marathon. Immerhin lockert die Drohne das Ganze auf, indem sie Gegner separieren kann - so bleibt das Gemetzel überschaubar.
Positiv: Der Tod ist nicht übermäßig hart. Ihr verliert keine Items, sondern taucht an den fair gesetzten Checkpoints wieder auf. Auch besiegte gegner respawnen nicht direkt wieder. Damit bleibt der Frust im Rahmen.
Bosskämpfe gibt es nur sehr wenige. Überwiegend stürzen sich ein paar Wellen aus kleineren Gegnern auf euch - hier zeigt sich, dass Hell Is Us das Hauptaugenmerk nicht auf Kämpfe legt.
Wo Hell Is Us wirklich glänzt, ist beim Ermitteln. Statt Marker und Checklisten gibt es Rätsel, Notizen und kryptische Dialoge, die euch auf die richtige Spur bringen. Kleine Puzzles und Umwelträtsel sind clever gestaltet und sorgen regelmäßig für Aha-Momente.
Auch das Handeln mit NPCs hat Detektiv-Charakter: Nur wer aufmerksam zuhört und kombiniert, kommt weiter. Wer hingegen einfach nur blind Items durchprobiert, kann lange im Kreis laufen.
Wenn Hell Is Us eins wirklich meisterhaft hinbekommt, dann Stimmung.
Verlassene Dörfer.
Graue Schlachtfelder.
Bedrückende Musikuntermalung.
Die Spielwelt ist düster, bedrückend und packend inszeniert. Besonders die Kreaturen-Designs sind ein Highlight: Chimären sehen widerlich, bizarr und bedrohlich aus. Jede Begegnung mit ihnen fühlt sich an, als würde man in einen Albtraum stolpern.
Zwar sind Cutscenes stimmungsvoll, aber oft fehlen die Zusammenhänge: Warum beherrscht Remy sofort Schwert und Drohne? Wieso helfen ihm seine militärischen Erfahrungen so wenig gegen diese Wesen? Manche Fragen bleiben schlicht unbeantwortet.
https://2playerz.de/p/5-dinge-die-ihr-vor-dem-start-von-hell-is-us-wissen-solltet
Die Geschichten und die Auswirkungen unseres Handelns sind teilweise sehr krass. So kann es passieren, dass wenn man nicht genug Milch besorgt ein Baby stirbt oder jemand gehängt wird, weil wir nicht die benötigten Zettel zusammen gesammelt haben.
Technisch läuft das Spiel stabil: hübsche Landschaften, detailreiche Figuren, keine großen Performance-Einbrüche. Die Steuerung allerdings wirkt vor allem in Kämpfen etwas verzögert, was bei einem ohnehin trägen Kampfsystem nicht gerade hilft.
Gut: Es gibt 3 Schwierigkeitsgrade, die man anpassen kann, zudem können einzeln Feind-Leben, -Schaden und -Verhalten eingestellt werden.
Hell Is Us ist ein mutiges Experiment: Es will euch keine Krücke reichen, sondern euch ganz allein auf die Reise schicken. Die Rätsel und die bedrückende Atmosphäre gehören zweifellos zu den großen Stärken des Spiels, hier zeigt sich Rogue Factor von seiner besten Seite.
Einzige Nachteile sind der Kampf und die teils unklare Story. Hell Is Us ist damit ein Titel der Extreme: faszinierend, ambitioniert und gleichzeitig ungeschliffen.
Das Spiel erscheint am Donnerstag (4. September) für PS5, Xbox Series und PC. Käufer der Deluxe Edition können schon seit Montag spielen.
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