Seit dem Silent Hill 2 Remake stellt sich die Frage, ob Bloober Team auch glänzen kann, wenn sie kein Meisterwerk als Vorlage haben. Mit Cronos: The New Dawn liefern sie jetzt die Antwort - und die fällt deutlich spannender aus, als viele erwartet haben.
Bloober Team war in den vergangenen Jahren vor allem für solide Horrorkost bekannt. Spiele wie The Medium, Observer oder Layers of Fear haben ihnen den Ruf eingebracht, ein verlässlicher Lieferant für düstere Albträume zu sein.
Spätestens mit dem hervorragenden Remake von Silent Hill 2 hat das polnische Studio bewiesen, dass sie im Genre ganz vorne mitspielen können. Doch die Frage stand im Raum: Schaffen sie auch ohne eine legendäre Vorlage ein ähnlich packendes Erlebnis?
Nach rund 20 Stunden mit Cronos: The New Dawn kann ich sagen: Ja - und wie!
Schon die ersten Minuten werfen euch mitten hinein in eine verstörende Retro-Zukunftsvision. Polen in den 1980er-Jahren ist zu einer trostlosen Einöde geworden, die von zerstörten Gebäuden, verlassenem Kinderspielzeug und halb zerfallenen Panzern geprägt ist. Was genau diese Katastrophe ausgelöst hat, bleibt lange im Dunkeln. Statt klarer Antworten erwarten euch Zeitrisse, schwebende Trümmer und grotesk verstümmelte Kreaturen, die wie fehlgeschlagene Menschenexperimente wirken.
Ihr schlüpft in die Rolle einer weiblichen Soldatin, deren Stimme in Zwischensequenzen metallisch verzerrt klingt. Offenbar gehört sie einer Spezialeinheit an, die die Ursachen der Katastrophe erforschen soll. Doch konkrete Informationen hält das Spiel bewusst zurück. Vieles bleibt mystisch, vieles unklar und genau dadurch funktioniert die Geschichte so gut.
Schnell kommen Fragen auf:
Was genau ist in dieser Welt geschehen?
Warum streife ich in einem schweren Stahlanzug durch Trümmer, springe durch gelbe Risse in der Zeit und kämpfe gegen verstümmelte Kreaturen?
Bin ich selbst vielleicht Teil der Katastrophe?
Die Story hält sich dabei bewusst bedeckt. Die postapokalyptische Version Polens in den 1980ern ist voller verstörter Bilder: zerstörte Gebäude, verlassene Panzer, Spielzeug auf den Straßen. Ab und an begegnet ihr den Überresten gefallener Kameraden, die ihren Auftrag nicht erfüllt haben, was die Stimmung zusätzlich drückt. Manches wird über Notizen oder Cutscenes vermittelt, vieles bleibt mystisch. Zwar sind nicht alle Cutscenes technisch auf AAA-Niveau, und einige Gesten wirken eher hölzern, doch die Atmosphäre reißt das locker wieder heraus. Denn Cronos lebt von seiner Welt, die vor Düsternis, Andeutungen und beklemmender Stimmung nur so trieft.
https://2playerz.de/p/cronos-the-new-dawn-9-uberlebens-tipps-fur-euren-horrortripWer schon einmal mit Dead Space oder Resident Evil 4 Bekanntschaft gemacht hat, findet sich im Gameplay schnell zurecht. Mit gezogener Pistole oder Schrotflinte bewegt ihr euch durch düstere U-Bahn-Schächte, verlassene Fabrikhallen oder halb eingestürzte Wohnblöcke. Stets tragt ihr einen schweren Kampfanzug, der euch zwar schützt, euch aber auch behäbig macht.
Die Ressourcenknappheit ist dabei der Kern des Spiels. Munition, Heilgegenstände oder Upgrade-Materialien sind streng limitiert, was euch zwingt, jede Ecke abzusuchen. Diese langsame, systematische Erkundung macht den Reiz aus: Wer sorgsam vorgeht, hat es leichter, wer verschwenderisch ballert, steht bald ohne Kugeln da. Trotzdem wirkt Cronos nie unfair, da es immer kleine Auswege gibt. Geht euch die Munition aus, könnt ihr Gegnern notfalls mit Fäusten oder Tritten begegnen, und manchmal lassen sie dann doch ein paar Patronen fallen. Dieses clevere Balancing verhindert Frust und hält die Spannung konstant hoch.
Motivierend ist auch das clevere Fortschrittssystem. Mit sogenannten „Kernen“ erweitert ihr Inventarplätze, verstärkt die Panzerung oder schaltet zusätzliche Fallen frei. Da euer Platz stark begrenzt ist, wird das Inventar-Management zur kleinen Denksportaufgabe. Zudem könnt ihr über ein simples Crafting-System Munition oder Heilmittel selbst herstellen. Lange hat mich kein Horrorspiel mehr so sehr motiviert, jede Ressource bewusst einzusetzen.
Was Cronos besonders macht, ist die Vielfalt an Ideen, die Bloober im Spiel untergebracht hat. Gefühlt in jeder Stunde stolpert ihr über eine neue Mechanik, die das Geschehen auffrischt. Ein Sensor für eure Waffe zeigt an, ob ein Monster wirklich tot ist oder gleich wieder aufsteht. Verklumpte Fleischleiber an den Wänden reagieren auf Annäherung mit Säureattacken, lassen sich aber durch den Sensor rechtzeitig identifizieren.
Durch die Zeitrisse könnt ihr zudem zerstörte Objekte wieder instand setzen. So verwandelt sich Geröll in Brücken oder kaputte Fässer in brauchbare Sprengfallen. Besonders eindrucksvoll sind die Gravitationsstiefel, die euch erlauben, kopfüber an Decken entlangzulaufen. Aus harmlosen Deckengegnern werden plötzlich Albträume, wenn sie nicht mehr über euch, sondern direkt „unter euren Füßen“ lauern.
Nicht alle Einfälle zünden allerdings gleich gut. Besonders das Verschmelzen von Gegnern, ein zentrales Feature, sorgt für gemischte Gefühle. Lasst ihr Leichen liegen, können andere Monster mit ihnen verschmelzen und deren Eigenschaften übernehmen. So wird aus einem schnellen Infizierten plötzlich ein Gift spuckendes Biest. An sich eine clevere Idee, doch da der Flammenwerfer, mit dem ihr das verhindern könnt, oft kaum Munition hat, müsst ihr häufig zurücklaufen und Nachschub holen. Das sorgt für unnötiges Backtracking.
Auch beim Trefferfeedback wäre mehr drin gewesen: Monster reagieren zwar auf Schüsse, doch spektakuläre Zerstückelungen wie in Dead Space fehlen. Diese kleinen Makel ändern aber nichts daran, dass Cronos spielerisch eine enorm spannende Mischung aus klassischen Survival-Horror-Elementen und frischen Ideen bietet.
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Oscar ist ein großer Silent Hill- und Resi-Fan, von daher trifft Cronos: The New Dawn genau seinen Geschmack. Was er schade findet, ist dass es keinen wählbaren Schwierigkeitsgrad gibt. Das macht es, seiner Meinung nach, für Genre-Neulinge unnötig kompliziert. |
Mit Cronos: The New Dawn hat Bloober Team endgültig bewiesen, dass sie mehr können als atmosphärische Nischenprojekte. Trotz kleinerer Schwächen beim Trefferfeedback oder beim Balancing des Verschmelzungs-Systems ist das Spiel ein atmosphärisches Brett, das Fans von Resident Evil, Silent Hill oder Dead Space gleichermaßen abholen dürfte.
Für mich persönlich ist Cronos eines der packendsten Horrorspiele der letzten Jahre - ein Titel, der Retro-Ästhetik, clevere Survival-Mechaniken und eine mysteriöse Story zu einem faszinierenden Gesamtpaket schnürt. Wer Lust auf düstere Atmosphäre, kreatives Gameplay und ein paar Gänsehaut-Momente hat, sollte diesen Trip in die postapokalyptische Retro-Zukunft nicht verpassen.
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Positiv
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